Open Source vs. Commercial

ZWEI ANSÄTZE IN DER WELT DER KI-MODELLE

Der schnelle Anstieg im Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wirft für Unternehmen entscheidende Fragen auf: Wie wählt man aus dem breiten Angebot an Anbietern und Produkten das richtige KI-Tool aus, und ist es besser, sich für kommerzielle KI-Dienste zu entscheiden oder könnten Open Source-Lösungen vorteilhafter sein? Wir haben diese Fragen untersucht und präsentieren nun die Antworten.

Immer mehr Unternehmen entdecken in der KI eine Möglichkeit ihre Produktivität zu steigern sowie ihre Geschäftsdaten effektiver zu analysieren und zu monetarisieren. Während KI-basierte Tools mittlerweile für nahezu alle Unternehmens- und Aufgabenbereiche verfügbar sind, erlebt derzeit gerade das Marketing eine Revolution. Allerdings ist der Einsatz von KI in diesem Bereich nicht neu.

Bisher wurde KI beispielsweise im Rahmen der Produktkommunikation eingesetzt, um die Verwaltung, Organisation und Bereitstellung des immer größeren Aufkommens an digitalen Inhalten zu unterstützen und auch wiederkehrende Aufgaben wie die Verschlagwortung und die Bearbeitung von Bildmaterialien zu automatisieren und zu beschleunigen. Heute können die Marketingmitarbeiter im Product Content Management zusätzlich von einer neuen Generation an Softwarelösungen profitieren, die auf Generativer KI basiert. Es handelt sich dabei um eine Form von KI, die in der Lage ist, basierend auf vorhandenen Daten und Vorgaben neue Inhalte zu generieren. Insbesondere für solche Unternehmen und Mitarbeiter, die tausende Produkt- und Markeninhalte für die unterschiedlichsten Kanäle erstellen müssen, stellen Textgeneratoren wie GPT-4 oder auch Bildgeneratoren wie DALL-E echte Game Changer dar und entlasten den Arbeitsalltag ungemein.

Vor dem Hintergrund dieser neuen Möglichkeiten im Feld der KI stehen Unternehmen jedoch auch vor neuen kritischen Fragen und Herausforderungen: Wie findet man unter all den Anbietern und Produkten auf dem Softwaremarkt das richtige KI-Tool? Und sollte man ohne Wenn und Aber auf die kommerziellen KI-Dienste setzen oder ist eine Open Source-Lösung möglicherweise besser geeignet? Beide Optionen haben ihre Vorzüge. Nachfolgend werden wir diese gegenüberstellen und die Frage beantworten, wie Unternehmen, für die KI ganz oben auf der Agenda steht, einen ausgewogenen Ansatz bei der Auswahl ihrer KI-Tools verfolgen können.

Open Source KI-Modelle

Der Entwicklungsansatz von Open Source KI-Modellen ist offen, dezentral und kollaborativ. Typischerweise werden die Modelle im Rahmen einer Community erstellt und gemeinsam gepflegt und weiterentwickelt.

Open Source KI-Modelle sind per Definition frei zugängliche Softwarelösungen beziehungsweise Frameworks für maschinelles Lernen. Sie sind typischerweise das Ergebnis kollektiver Bemühungen aus einer vielfältigen Gemeinschaft von Forschern und Entwicklern, die auf Plattformen wie Hugging Face zusammen mit dem Quellcode und der Dokumentation zur Verfügung gestellt werden. Allerdings bieten auch Unternehmen wie OpenAI und Microsoft zusätzlich zu ihren kommerziellen und Closed Source- Varianten Open Source-Modelle an.

Die Open Source KI-Modelle erfreuen sich in der Regel einer großen Beliebtheit, da sie keine Anschaffungskosten in Form von Lizenzgebühren verursachen. Ihre eigentlichen Stärken liegen jedoch in den Bereichen Transparenz, Flexibilität und Skalierbarkeit. Der Open Source-Charakter ermöglicht es Spezialisten, die Modellarchitektur für eigene Entwicklungen zu erforschen oder die Frameworks gezielt an die eigenen Anforderungen und Bedürfnisse im Unternehmen anzupassen. Gleichzeitig findet auf den Plattformen ein reger Austausch statt, sodass die dort gehosteten Modelle kontinuierlich verbessert und Innovationen von der Community vorangetrieben werden. Es kommt jedoch auch vor, dass Open Source-Projekte aufgrund einer zu geringen Beteiligung in der Community regelrecht im Sand verlaufen und Modelle nicht mehr gepflegt werden.

Zu den derzeit beliebtesten Open Source KI-Modellen zählt das Sprachmodell BLOOM, das von Experten von Hugging Face und Freiwilligen aus der Community entwickelt wurde, Llama 2, das aus einer Zusammenarbeit zwischen Meta und Microsoft entstanden ist, MPT-7B von MosaicML, Falcon vom Technology Innovation Institute (TII) und Vicuna 13-B von der Large Model Systems Organization (LMSYS).

Unabhängig davon, wer hinter den einzelnen, frei zugänglichen KI-Modellen steht, zieht sich allerdings eine Problematik durch die Open Source-Landschaft: Die Modelle weisen nicht immer die mit dem Etikett „Open Source“ versprochene Transparenz auf, insbesondere hinsichtlich der Trainingsdatensätze. Während dies einerseits die kontinuierliche Erforschung und Weiterentwicklung von KI-Modellen in einem demokratischen Rahmen behindert, fällt dies vor allem dann ins Gewicht, wenn die Modelle für kommerzielle Zwecke eingesetzt werden. Denn bei Open Source-Lösungen liegt die Verantwortung für die Einhaltung von Gesetzen und KI-Richtlinien, die von Staat zu Staat sehr unterschiedlich sein können, einzig und allein bei denen, die sie einsetzen. Dazu gehört beispielsweise die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen oder auch von Urheberrechtsgesetzen, die durch KI-Trainings oder -Ergebnisse verletzt werden können.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie bei der Suche nach der richtigen Open Source KI-Lösung eine gründliche Recherche zu den einzelnen Modellen durchführen und zusätzlich zu einem spezialisierten IT-Team für die Inbetriebnahme und Wartung ein Team aus Rechtsexperten auf die Beine stellen müssen, um über die derzeit noch sehr dynamischen KI-Regulierungen informiert zu bleiben, die für sie und ihre Lösung relevanten Anforderungen zu verstehen, und damit die rechtlichen Risiken zu minimieren. Die Open Source KI-Modelle gehen deshalb auch mit deutlich höheren Kosten einher, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.

Schloss als Symbolbild für Open Source vs. Commercial

Proprietäre KI-Modelle

Hinter einem proprietären KI-Modell steht ein Unternehmen. Die Entwicklung erfolgt in der Regel nach einem Closed Source-Ansatz, was bedeutet, dass der Quellcode weder frei zugänglich ist noch von Usern verändert werden kann.

Im Gegensatz zu den Open Source KI-Lösungen sind die kommerziellen Optionen das Ergebnis gezielter Forschung von privaten Unternehmen. Als Closed Source-Modelle muss der Zugang durch den Kauf einer Lizenz oder auch via Abonnement erworben werden. In der Regel handelt es sich dabei um leistungsbasierte Abrechnungsmodelle.

Das bekannteste GenAI Tool, das im Marketing im Allgemeinen und in der Produkt- und Kundenkommunikation im Speziellen eingesetzt wird, ist nach wie vor der Textroboter ChatGPT von OpenAI, der im Jahr 2022 auf den Markt kam. Inzwischen gibt es jedoch eine Vielzahl an Lösungen und Modellen, die auf verschiedenen GPT-Versionen basieren und auch Bild, Ton und Video verarbeiten können. Außerdem sind neben OpenAI natürlich viele weitere namenhafte Unternehmen wie Microsoft, Google, und Meta mit der ersten Welle in den GenAI Markt eingetreten – und selbstverständlich wurde auch die Startup-Szene mit den neuen Möglichkeiten aktiv.

Kommerzielle AI-Dienste bieten den großen Vorteil, dass die Tools auf eine breite Anwendbarkeit ausgelegt sind, sodass sie sich leicht in die Systemlandschaften von Unternehmen integrieren lassen – und die Nutzer direkt nach der Anmeldung mit der Arbeit beginnen können. Darüber hinaus sind sie mit Garantieleistungen verbunden, wie auch mit Serviceleistungen in Sachen Change-Management, Wartung, Weiterentwicklung und Support. Im Vergleich zu den Open Source-Lösungen lassen sie sich daher auch ohne eine personenstarke und spezialisierte IT-Abteilungen implementieren und verwalten. Rechtliche und regulatorische Überlegungen sind jedoch auch hier von Bedeutung.

Bei kommerziellen KI-Diensten drehen sich die großen Sicherheitsfragen um den Umgang mit sensiblen Daten. Die Dienste bieten zwar in der Regel eine robuste Sicherheitsinfrastruktur und tendenziell mehr Schutz als die Open Source-Varianten, Unternehmen sollten jedoch auch zusätzliche Protokolle und Kontrollen einrichten, um zu vermeiden, dass kritische Informationen preisgegeben und anderorts wiederverwendet werden – wie auch die Nuancen bei Haftungsfragen vor dem Kauf klären. Schließlich steht selbst bei weitverbreiteten Anbietern wie Microsoft regelmäßig die Frage im Raum, inwiefern dessen Dienste beispielsweise mit dem europäischen Datenschutz vereinbar sind. Zudem ergeben sich durch den Einsatz von KI immer auch Haftungsfragen im Falle von Schäden nach fehlerhaften Ergebnissen.

Symbolbild für Open Source vs. Commercial

Status Quo im Product Content Management

Das Product Content Management entwickelt sich als Softwaredisziplin mit den technologischen Möglichkeiten weiter, sodass immer wieder die Frage im Raum steht, welche Entwicklungs- und Lösungsansätze das Rennen machen.

Das Thema Open Source ist auch schon im Product Content Management angekommen. Immer mehr Softwarehersteller bieten unter einer Nutzungsgebühr Lizenzen für Community Open Source-Produkte mit Kernfunktionen wie MDM, PIM und DAM an, die unter zusätzlichen Lizenzgebühren um Module, Funktionen und Serviceleistungen erweitert werden können. Dieser sogenannte Enterprise Open Source-Ansatz scheint damit die Vorteile aus beiden Welten zu vereinen: Unternehmen können mit geringen Kosten einsteigen, ihre Lösung für das Product Content Management frei beziehungsweise je nach Open Source-Lizenz anpassen, profitieren in Bezug auf Stabilitäts- und Sicherheitsrisiken von der Rolle des Anbieters als Schirmherr und können flexibel über weitere Investitionen, wie beispielsweise die Anbindung eines KI-Modells, entscheiden. Verbraucher sollten sich von diesen typischen Marketingversprechen jedoch nicht blenden lassen. Denn ob das Preis-Leistungs-Verhältnis auf lange Sicht das von klassischen proprietären Lösungen übertrifft, hängt stark vom Unternehmen selbst und den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Organisation ab.

Parallel dazu zeichnet sich auf dem Softwaremarkt ein gegenläufiger Trend im Product Content Management ab: Die sogenannten Out-of-the-box-Lösungen erfreuen sich einer zunehmenden Beliebtheit. Es handelt sich dabei um sofort einsatzbereite Softwareprodukte, die eine breite Marktbasis ansprechen sollen und entsprechend auf Branchenbedürfnisse zugeschnitten sind. Zwar liefern diese Lösungen nicht den individuellen Zuschnitt, wie wir sie vom Customized-Ansatz proprietärer Lösungen kennen, oder die Flexibilität, wie sie mit Community beziehungsweise Enterprise Open Source-Lösungen einhergeht, der Produkttyp hat jedoch den Vorteil, dass er mit den Anforderungen der Branchen und Märkte wie auch mit den damit verbundenen Technologietrends weiterentwickelt wird, sodass GenAI-Funktionen in PIM und DAM bei manchen Anbietern schon heute zur Grundausstattung gehören und nicht zugekauft werden müssen.

Management Summary

Unabhängig der genannten Vor- und Nachteile ist die Entscheidung für oder gegen eine kommerzielle beziehungsweise Open Source-Lösung eine strategische, die je nach Unternehmen und den individuellen Fähigkeiten und spezifischen Bedürfnissen und Anforderungen getroffen werden muss.

Open Source-Lösungen bieten zwar die Möglichkeit, das Modell eng an die Geschäftsanforderungen auszurichten und weiter zu skalieren. Diese Stärke kann jedoch nur ihre Wirkung entfalten, wenn Unternehmen über die notwendigen personellen Ressourcen verfügen oder bereit sind, in ihre IT-Abteilung und Experten entsprechend zu investieren. Darüber hinaus erfordert der Open Source-Ansatz eine äußert robuste interne Infrastruktur für das Betriebsmanagement und Sicherheitsfragen. So müssen auch diese Aspekte und Kostenposten bei der Entscheidung für ein solches Modell in der Kosten-Nutzen-Analyse berücksichtigt werden.

Kommerzielle Dienste und vor allem solche Lösungen, die auf einen unternehmerischen Einsatz ausgerichtet sind, sind dagegen integrationsfreundlich und bringen keine derartigen Einstiegshürden mit sich. Da sie in der Regel auf Branchen und spezifi sche Aufgabenbereiche zugeschnitten sind und der Kauf mit diversen Serviceleistungen einhergeht, punkten sie außerdem auf allen nachfolgenden Ebenen in Sachen Nutzerfreundlichkeit. Inwiefern die erworbene KI-Lösung Mehrwerte liefert und beispielsweise zur Produktivitätssteigerung beiträgt, hängt jedoch nicht zuletzt von deren Architektur und vom Umgang mit dieser ab. Die Lösung muss nahtlos in die bestehende Systemlandschaft wie auch in die etablierten Workflows integriert werden, um keine neuen Probleme im laufenden Betrieb zu erzeugen – und die Prozesse umfassend unterstützen zu können. Um eine flickenteppichartige Ansammlung von Lösungen zu vermeiden, sind außerdem gerade in sehr komplexen Geschäftsbereichen wie der Produktkommunikation Gesamtlösungsansätze zu empfehlen, die alle relevanten Aufgabenbereiche abdecken und State-of-the-art-Technologien wie Gen AI integrieren.

Picture credits: Getty Images on Unsplash; Mitchell Luo on Unsplash; Adam J. on Unsplash

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