Live-Commerce

Trend im E-Commerce oder bald Zukunft?

Seit seiner Entstehung 2016 in China hat sich Live-Commerce schnell von einem aufkommenden Trend zu einem etablierten Verkaufsformat entwickelt, das nun weltweit an Beliebtheit gewinnt. Diese innovative Methode vereint zwei zentrale Säulen des digitalen Handels: E-Commerce und Live-Streaming. In diesem Blogartikel werfen wir einen Blick auf die Grundlagen des Live-Commerce, seine Vorteile und wie Unternehmen diese Strategie erfolgreich umsetzen können.

Live-Commerce ist eine Form des E-Commerce, dass sich am bewährten Konzept des Teleshoppings orientiert. Eine Person präsentiert Produkte während einer Sendung und die Zuschauer können diese direkt ordern. Aber im Unterscheid zum klassischen Teleshopping, findet Live-Commerce nicht im Fernsehen statt, sondern auf Unternehmens-Websites, in Live-Streaming-Anwendungen oder in Sozialen Medien. Ein wesentlicher Vorteil von Live-Commerce liegt in der Verschmelzung der Offline- und Online-Shopping-Erlebnisse, wodurch Kunden ein interaktives und immersives Einkaufserlebnis geboten wird. Und wer glaubt, dass dies nur für Mode- und Beauty-Unternehmen möglich ist, der irrt. Live-Commerce kann jeder, selbst der Lebensmittelsektor.

Symbolbild für Live-Commerce mit einer Person während eines Live-Streamings

Was ist Live-Commerce?

Bei Live-Commerce handelt es sich um Veranstaltungen, bei denen Produkte und Dienstleistungen im Livestream digitaler Plattformen angeboten und verkauft werden. Neben firmeneigenen Website sind Social-Media-Kanäle wie Facebook prädestiniert dafür, aber auch Video-Portale wie YouTube. Verkäufe im Fernsehen (Teleshopping) gehören nicht dazu. Diese Live-Veranstaltungen bieten ein interaktives Erlebnis, da die

  • Zuschauer mit den Verkäufern interagieren
  • Zuschauer direkt Fragen stellen können
  • Zuschauer mit anderen Kaufinteressenten diskutieren können

Inzwischen bieten auch E-Commerce-Riesen wie Amazon oder Alibaba Live-Commerce über ihre jeweiligen Plattformen an.

Vorteile von Live-Commerce

Beim Live-Commerce werden Produkte in Echtzeit präsentiert. Das Besondere ist, dass Kunden über die digitalen Touchpoints nicht nur das Gefühl vermittelt bekommen, als ob sie sich in einem Laden befinden, sondern auch die Möglichkeit haben, sich direkt mit den Verkäufern auszutauschen. So können Zuschauer Fragen stellen und in Echtzeit Feedback geben, während die Verkäufer sofort antworten und auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse eingehen. Daneben können die Zuschauer aber auch mit anderen Kaufinteressenten diskutieren. Da die Interaktion in einer unterhaltsamen und persönlichen Atmosphäre stattfindet, wird das Einkaufserlebnis bereichert und die Entscheidungsfindung der Kunden beeinflusst. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  1. Erhöhte Kundenbindung: Live-Commerce fördert die Interaktion und das Engagement. Zuschauer können direkt mit den Moderatoren kommunizieren, Fragen stellen und sofortige Antworten erhalten, was zu einem stärkeren Gefühl der Verbundenheit führt.
  2. Authentizität: Durch die Echtzeit-Interaktion bekommen Kunden ein authentisches Einkaufserlebnis. Live-Demonstrationen von Produkten und Diskussionen mit anderen Zuschauern tragen dazu bei, Vertrauen aufzubauen und die Glaubwürdigkeit der Produkte zu stärken.
  3. Bessere Konversionsraten: Die direkte Interaktion und die Möglichkeit, auf Kundenanfragen in Echtzeit zu reagieren, können zu höheren Konversionsraten führen, da die Kunden durch fachkundige Beratungen dazu ermutigt werden, Kaufentscheidungen schneller zu treffen.
  4. Erweiterte Reichweite: Live-Commerce ermöglicht es, ein breiteres Publikum zu erreichen, da die Streams auf verschiedenen Plattformen wie sozialen Medien, Websites oder speziellen Apps ausgestrahlt werden können.
  5. Weniger Retouren: Durch eine detaillierte und realitätsnahe Produktvorstellung im Livestream bekommen Zuschauer einen besseren Eindruck und können somit Fehlkäufe reduzieren. Das kann sich positiv auf die Retouren-Rate auswirken.

Ausprägungen von Live-Commerce

Live-Commerce kann in 1:1-Sitzungen (eins zu eins) oder in 1:n-Sitzungen (eins zu viele) durchgeführt werden. Die Moderation können Filialmitarbeiter, speziell geschulte Mitarbeiter von einem Lager, Influencer und Meinungsführer sowie virtuelle Promoter übernehmen.

  • 1:1-Videoanruf: Ein Mitarbeiter kann einem Kunden bei dessen Kaufentscheidung unterstützend zur Seite stehen, indem er im Geschäft die Produkte demonstriert, verschiedene Varianten oder Stile vorführt oder detaillierte Informationen bereitstellt. Außerdem können Videoanrufe auch für die Nachkaufbetreuung genutzt werden, etwa bei der Einrichtung, Fehlerdiagnose oder der Abwicklung von Reparaturen und Garantieansprüchen in Läden oder Lagern.
  • 1:1-Co-Browsing: Hierbei geht ein Mitarbeiter gemeinsam mit dem Kunden einkaufen und es werden beispielsweise Produkte durchgestöbert und in den Warenkorb gelegt, ähnlich wie bei personalisierten Produktvorschläge in einer physischen Geschäftsumgebung.
  • 1:n-Livestreaming: Hier überträgt ein Anbieter Live-Verkaufsveranstaltungen in Echtzeit, wodurch mehreren Zuschauern Produkte sowie deren Funktionen und Anwendungsfälle vorgeführt werden. Der Kunde kann während der Veranstaltung oder Sitzung direkt mit Anbieter kommunizieren. Bei vielen 1:n-Livestreamings wird mit Influencern, Key Opinion Leaders (KOLs) oder Markenbotschaftern zusammengearbeitet. Es werden inzwischen aber auch virtuelle Promoter genutzt, die mit Hilfe von KI eine kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Influencern bei der Erstellung von Marketinginhalten darstellen. 

Kanäle für Live-Commerce

Die umfassende Verbreitung von Smartphones und die allgegenwärtigen Online-Zahlungsoptionen haben dazu geführt, das sich Live-Shopping in China bereits zu einem Milliardengeschäft etabliert hat. Inzwischen wächst aber auch bei europäische Konsumenten, vor allem bei der Gen Z, das Interesse für Live-Shopping. Nachfolgend mögliche Kanäle, über die Live-Commerce betrieben werden kann:

  1. Firmeneigene Website / Online-Shop: Hier wird das Live-Shopping im eigenen Kanal durchgeführt. Ermöglicht wird dies durch die Integration von Anbietern bzw. deren Plug-Ins auf der Website oder im Online-Shop. Hierzu zählen unter anderem Anbieter wie LiveScale oder Bambuser. Der große Vorteil beim „hauseigenen Streaming“ ist, dass die Zuschauer das jeweilige Unternehmen und deren Produkte bereits kennen. Marken wie beispielsweise IKEA, Douglas oder Zalando veranstalten in ihren Shops eigene Live-Events.
  2. Social Media: Facebook, Instagram und TikTok bieten jeweils eigene Live-Formate an. Allerdings ist es, wie Meta Anfang 2023 verkündet hat, nicht mehr möglich, Produkte im Live-Stream zu taggen, also direkt zu verlinken. Ähnlich verhält es sich mit TikTok. Zwar kann man auch hier live streamen, aber nach einer erfolglosen Testphase von Shopping-Funktionen im europäischen Raum hat sich TikTok gegen die Ausweitung dieser Shopping-Features entschieden. Echte Live-Shopping-Möglichkeiten bieten hingegen YouTube (YouTube Live) und Twitch.
  3. Apps: Es gibt eine Vielzahl von Live-Shopping-Apps und jede von ihnen bietet ihren Nutzern unterschiedliche Funktionen und Möglichkeiten. Einige konzentrieren sich auf 1:1-Live-Shopping, während andere mit 1:n-Live-Shopping ein breiteres Publikum ansprechen. Natürlich steht es Unternehmen auch frei, eine eigene Live-Shopping-App entwickeln zu lassen, so wie es unter anderem Otto Anfang 2024 mit seiner Live-Shopping App für Apple TV gemacht hat.
  4. E-Commerce-Plattformen: Amazon verfügt über ein eigenes Live-Format namens Amazon Live. Allerdings ist dieses derzeit nur in den USA verfügbar. Taobao Live, von Alibaba, ist das chinesische Pendant und der Vorläufer für Live-Shopping.

Anbieter im Bereich Live-Commerce

Nachfolgend eine Auflistung von Anbietern im Bereich Live-Commerce, die mindestens die Funktionalität des Livestreaming-Verkaufs von Einzelhändlern an Kunden – entweder eins-zu-eins, eins-zu-viele oder beides – anbieten:

Hauptsitz Amerika
Hauptsitz EMEA
Hauptsitz APAC

Live-Commerce und die Influencer

Influencer oder Key-Optionen-Leader (KOL) sind zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Live-Shopping-Erlebnisses geworden. Durch ihre authentische Art tragen sie nicht nur dazu bei, Vertrauen und Glaubwürdigkeit in der Community aufzubauen, sondern auch die Reichweite zu vergrößern und eine tiefe Verbindung zum Publikum herzustellen. Daher setzen Unternehmen, insbesondere bei der Ansprache jüngerer Zielgruppen, gerne auf Influencer, um beim Live-Commerce von deren weitreichenden Einflüssen und Popularität zu profitieren.

Was gilt es zu beachten?

Live-Commerce schafft eine einzigartige Gelegenheit, in Echtzeit mit Kunden zu interagieren, wertvolle Einblicke zu erhalten und den Verkauf anzukurbeln. Doch erfordert der Erfolg in diesem Bereich eine solide Unterstützung durch Personal, Zeit und Investitionen in Technologie. Unternehmen, die sich auf Live-Commerce einlassen wollen, müssen bereit sein, technische Herausforderungen zu bewältigen, in Schulungen und Ressourcen zu investieren, wirkungsvolle Inhaltsstrategien zu entwickeln und sich dem Aufbau einer treuen Zuschauerschaft zu widmen.

  • Die richtige Plattform und der CIO: Bei der Wahl der richtigen Streaming-Plattform ist es wichtig, die Entscheidung basierend auf der Zielgruppe und den Funktionen, die benötigt werden, zu treffen. Für CIOs ergibt sich daraus die Aufgabe, das Unternehmen in der technischen Umsetzung zu begleiten. Dazu zählt nicht nur die Implementierung der Streaming-Plattform, sondern auch die Implementierung eines Systems, das in der Lage ist, die hohen Bestellvolumina zu verarbeiten, die während Live-Commerce-Kampagnen entstehen können. Weiterhin sind eine stabile Internetverbindung, hochwertiges technisches Equipment, inklusive der notwendigen Geräte und Livestreaming-Kameras, unerlässlich, um professionelle und störungsfreie Live-Commerce-Veranstaltungen zu gewährleisten.
  • Strategie entwickeln: Auch Live-Commerce benötigt eine durchdachte Strategie, denn erfolgreiche Streamings erfordern eine sorgfältige Planung. Dazu müssen im Vorfeld die Kompetenzen und Aufgaben klar verteilt werden (z. B. über eine Agentur oder ein dediziertes internes Team). Anschließend kann man sich Fragen widmen wie: Welche Produkte sollen präsentiert werden, wie sollen sie präsentieren werden und welche Art von Interaktionen soll gefördert werden, um daraus Skripte für Hosts und Influencer zu erarbeiten. Die kreierten Inhalte sollen Mehrwert bieten, spannend sein und zur Zielgruppe passen. Darüber hinaus ist es notwendig, die Marketingaktivitäten hierzu zielgerichtet zu planen, um eine effektive Durchführung zu gewährleisten.
  • Die Moderation: Um das Interesse der Zuschauerinnen möglichst lange aufrechtzuerhalten, ist es empfehlenswert, charismatische und authentische Moderator*innen einzusetzen. Das können Externe sein, aber auch das eigene Personal. Sollte ein Unternehmen auf eigenes Personal zurückgreifen, ist zudem wichtig, dass die jeweilige Person Anrufe und persönliche Interaktionen in einer teils virtuellen Umgebung wirksam handhaben kann. Dies bedingt eine angepasste Strategie in der Rekrutierung und Ausbildung des Verkaufspersonals sowie eine angemessene Vergütung.
  • Schönes Setting: Die Zuschauer sehen neben dem Moderator*in selbst auch den Hintergrund der Übertragung. Daher ist es wichtig, sorgfältig eine visuell ansprechende Umgebung für die Live-Session zu wählen. Eine wohlüberlegte Auswahl des Hintergrunds kann nicht nur das visuelle Erlebnis für Ihre Zuschauer verbessern, sondern auch die Professionalität und die Gesamtatmosphäre der Präsentation unterstreichen.
  • Testen, testen, testen: Es ist empfehlenswert, den Ablauf der Übertragung vorab in einer Offline-Probe durchzugehen, um bestmöglich vorbereitet zu sein. Diese Vorbereitung ermöglicht es Ihnen, den gesamten Prozess zu durchdenken, potenzielle Probleme zu identifizieren und zu beheben sowie sich mit dem Inhalt und der Technik vertraut zu machen. Eine solche Generalprobe hilft nicht nur dabei, technische Schwierigkeiten zu minimieren, sondern steigert auch die Sicherheit des Moderationsteams und verbessert die Qualität der eigentlichen Live-Übertragung.
  • Live-Sessions gezielt fördern: Live-Shopping ist in Deutschland nicht so stark verbreitet wie in China. Aus diesem Grund müssen Unternehmen ihre Aktivitäten hierzu gezielt fördern. Soziale Medien und andere Marketingkanäle sollten hierzu bespielt werden, um die Zielgruppe über bevorstehende Live-Sessions zu informieren und Interesse zu wecken.
  • Aktiv mit dem Publikum interagieren: Während einer Live-Session werden Fragen auftauchen, die entweder direkt an den Moderator gerichtet sind oder unter den Zuschauern entstehen. Unternehmen sollten aktiv darauf eingehen und Kommentare beantworten, um eine einladende Atmosphäre zu schaffen und Vertrauen aufzubauen. Es ist auch ratsam, mögliche Fragen im Voraus zu formulieren, um sich besser darauf vorbereiten zu können.
  • Analysieren und optimieren: Durch die Echtzeit-Kommunikation bekommen Unternehmen nicht nur Feedback, sondern auch Daten von ihren Live-Sessions (z.B. Zuschauerzahlen, Traffic und Zuschauer-Engagement). Diese helfen, die Strategie kontinuierlich zu verbessern und die Erfahrung für das eigene Publikum zu optimieren.

Schlussgedanke: Live-Commerce

Live-Commerce hat bei uns aktuell nicht den Hype wie in China. Dennoch sollte dieses neue Format nicht unter den Tisch gekehrt werden. Da Kunden heutzutage mehr erwarten, bevorzugen sie interaktive und informative Einkaufserlebnisse. Und hier liegt der unbestreitbare Vorteil von Live-Commerce. Kein anderes E-Commerce-Format kommt dem Offline-Shopping, also dem physischen Einkauf, so nah wie der Live-Commerce. Sowohl für Käufer als auch für Verkäufer, denn Rückfragen und Feedback erfolgen direkt und in Echtzeit. Und es ist ein Irrglaube, dass diese Verkaufstechnik nur von Unternehmen aus der Mode- und Beautybranche durchgeführt werden kann. Live-Commerce kommt für alle Unternehmen in Frage, die ihre Produkte einer Zuhörerschaft präsentieren können – sei es in Form von Tutorials (Produktdemonstrationen, Cross-Selling-Optionen etc.), Interviews mit Experten (z.B. um Tipps zu teilen) oder im Rahmen von Insider-Geschichten (z.B. Nachhaltigkeitsbemühungen). Es eröffnet weitere Vertriebswege, von dem ausgegangen werden kann, dass es sich in den kommenden Jahren auch in unseren E-Commerce-Praktiken etablieren wird, wobei die zugehörigen Technologien ebenso weiterentwickelt werden.

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